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Tatsächlich wurzelt horgenglarus ja auch in einer Fabrik für gesägte Möbel, die 1880 in Horgen gegründet wurde.

Zu ersten wirklichen Zusammenarbeit kam es dann bei der Inneneinrichtung des neugestalteten Restaurants Vorderer Sternen am Zürcher Bellevue. Die Innenarchitektin hatte meine Stühle für das Café Z am Park gesehen und fragte mich, ob ich nicht für die Neubestuhlung des Restaurants etwas Ähnliches machen könne. Ich habe dann das Stuhlmodell «safran» gewählt und durch eine sternförmige Perforierung der Sitzplatte variiert. Dieses Vorgehen bezog sich einerseits auf den Namen des stadtbekannten Restaurants, zum anderen aber auch auf die Möbelgeschichte. Denn Perforierungen mit unterschiedlichen Mustern gehörten auch früher schon zu den üblichen Varianten von seriell hergestellten Stühlen.

Und nun, nach diesen Auseinandersetzungen mit Produkten von horgenglarus, könnte die Zeit für einen zweiten Entwurfsvorschlag reif sein, dachte ich mir. Der Sessel «haefeli» aus dem Jahr 1926 von dem Architekten Max Ernst Haefeli und Ernst Kadler-Vögeli, dem technischen Leiter von horgenglarus, interessierte mich. Weil er als kleiner Sessel mehr bietet als ein normaler Stuhl. Doch sehr schnell merkte ich, dass die Idee, dieses Sitzmöbel für unsere heutige Zeit neu zu interpretieren, nicht funktioniert. Es besitzt einen starken Charakter, und sobald man etwas ändert, verliert es ihn.

Dennoch hatten Sie einen Entwurfsansatz gefunden?

Ja, denn mir schwebte ein niedriger und etwas grösserer Stuhl oder, anders ausgedrückt, ein niedriger Sessel vor. Kein Stuhl also für den Tisch, sondern ein Sitzmöbel für den Loungebereich, für die Hotellobby – oder im privaten Wohnbereich als Begleiter für das Sofa. So etwas fehlte bislang in der Produktpalette von horgenglarus. Und diese Idee stiess auf Interesse.

 

Wie verlief die weitere Entwurfsarbeit?

Mir war es wichtig, meinen Entwurf auf die Grundlogik der Stühle von horgenglarus abzustimmen. Daher besitzt auch der «seley» die stabile und in meinem Fall kreisförmige Zarge, durch welche die Stühle von horgenglarus unverwechselbar sind.

Leicht und bequem sollte der Sessel sein, und weil man nicht am Tisch Platz nimmt, sitzt man auch etwas tiefer. Und ganz wichtig war mir neben der Rückenlehne auch eine Armlehne. Erst habe ich mit Vorderbeinen experimentiert, die dann in einem Stück in die Armlehnen übergegangen und über den Rücken verlaufen wären. Das war aber technisch zu aufwändig.

Die Lösung fand ich schliesslich in einem Rückenschild aus Formsperrholz, das Rückenlehne und Armlehne zugleich ist. Dieser Schild, an dessen genauer Form ich lange gearbeitet habe, gibt dem Sessel seine Identität, während viele andere Details durchaus klassisch sind. Und der Schild ist zugleich effizient und ökonomisch in der Produktion, was zu einem attraktiven Verkaufspreis führt.

 

Ist der «seley» ein Stuhl oder ein Sessel?

Ich verstehe ihn als kleinen Sessel. Der «seley» gibt ganz andere Freiheiten als ein Stuhl. Durch den Schild wird die Rückenlehne zur Armlehne und die Armlehne zur Rückenlehne. Man kann also ganz unterschiedlich darauf sitzen. Ausserdem besitzt das Sitzpolster aus Federkern einen viel besseren Sitzkomfort als es eine stuhltypische Schaumstoffauflage.

Aber wie gesagt: Der «seley» ist ein kleiner Sessel. Wie die Autos sind auch die Möbel in den letzten 20 Jahren immer grösser geworden. Das halte ich für eine extrem fragwürdige Entwicklung. Denn in Grossstädten wie New York, London, Paris, oder Tokio wohnen die Leute auf kleinem Raum. Und auch in der Schweiz oder Deutschland stellt sich die Frage, wieviel Raum man wirklich benötigt. Der «seley» hat Potenziale, die ein üblicher Sessel nicht besitzt: er ist kompakt, lässt sich flexibel einsetzen, beansprucht nicht viel Platz, ist leicht zu bewegen.